Winterfütterung von Vögeln: Darauf sollten Sie achten

Hendrik Groth
01.Nov.2017

Das Für und Wider der Winterfütterung unserer heimischen Singvögel wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Gegner sehen darin einen unverantwortlichen Eingriff in die Natur, für die Befürworter überwiegen die Vorteile für Mensch und Tier. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Naturnahes Füttern birgt keine gesundheitlichen Risiken für die Wildvögel, auch in ihrem Verhalten werden diese nicht negativ beeinflusst. Studien zufolge nutzen unsere heimischen Vogelarten zuerst ihre natürlichen Ressourcen, erst wenn diese erschöpft sind, wird der Futterplatz aufgesucht. Es besteht also keine Gefahr, die munteren Gesellen zu verweichlichen, wenn Sie Ihnen ein reich gedecktes „Vogelrestaurant” anbieten!

Auch das aktuelle (Wieder-)Auftreten der Vogelgrippe verunsichert viele Naturliebhaber. Hier kann ebenfalls Entwarnung gegeben werden: Die Vogelgrippe grassiert unter Wasservögeln, die am Futterhaus anzutreffenden Singvögel sind davon nicht betroffen. Werden die üblichen Hygienemaßnahmen eingehalten, besteht kein Risiko einer Krankheitsübertragung.

Nicht zu spät anfüttern
Wann sollte zugefüttert werden? Bei dieser Frage gehen die Meinungen ebenfalls auseinander. Während viele Naturfreunde rund ums Jahr Futter anbieten, beschränken sich andere auf Zeiten mit geschlossener Schneedecke und Dauerfrost. Fakt ist: Ein kleiner Vogelkörper verbraucht bei niedrigen Temperaturen sehr viel Energie. Wildvögel sind daher im Winter die meiste Zeit des Tages mit der Futtersuche beschäftigt – müssen sie dabei weite Strecken zurücklegen, geht ein Großteil der zugeführten Energie sofort wieder verloren. Durch die heute übliche Verbauung des natürlichen Lebensraums und geradezu „sterile” Gärten auch in ländlichen Gegenden hält die Natur für die Tiere auch bei milden Temperaturen im Winter oft nicht genug Nahrung bereit – eine Zusatzfütterung ist deshalb während des gesamten Winterhalbjahres durchaus sinnvoll. Damit die Vögel bei einsetzendem Frost nicht lange nach einer Futterquelle suchen müssen, raten Experten, sie bereits im Herbst an das Futterhaus zu gewöhnen.

Auf die Lage kommt es an
Ob ein Futterhaus angenommen wird, hängt nicht zuletzt vom richtigen Standort ab. Singvögel wagen sich nur dann an die Futterquelle, wenn sie ihnen als sicher erscheint: Die Gefahr einer Attacke durch Greifvögel oder Katzen sollte also weitgehend ausgeschlossen werden. Hecken dienen vielen kleinen Vogelarten als Unterschlupf, leider aber auch deren Fressfeinden: Wird ein Futterhaus zu nahe an einem dichten Gebüsch angebracht, bleiben die Futtergäste oft aus – ein von mindestens drei Seiten gut einsehbarer Futterplatz wird dagegen gerne aufgesucht.
Vorsicht auch bei großflächigen Glasfenstern oder -türen in der Nähe des Vogelhäuschens: Im Landeanflug werden diese vom Vogel leicht übersehen, was tödlich enden kann.

„Landhausvilla” oder Futtersilo?
Futterhäuser sind in vielen Varianten erhältlich: Zu den Favoriten zählt das traditionelle Vogelhaus „im Landhausstil”, das frei stehend oder hängend angebracht werden kann. Der Nachteil: Die Vögel sitzen dabei mitten im Futter und verschmutzen dieses mit Kot, das Futterhaus muss daher regelmäßig – am besten täglich – gereinigt und neu befüllt werden. Eine gute Alternative bilden Futtersäulen und Futtersilos, bei denen Nahrung für mehrere Tage eingefüllt werden kann und frei von Verunreinigungen bleibt. Futtersilos können auch auf dem Boden aufgestellt werden, allerdings ziehen diese auch Mäuse und mitunter sogar Ratten an. Eine Übertragung von Krankheitserregern am Futterplatz vermeiden Sie am effektivsten durch das regelmäßige Entfernen von Kot und Futterresten – ein fester, gut zu reinigender Untergrund ist dabei von Vorteil.

Vogelfutter à la carte
Im Handel ist eine große Auswahl an Vogelfutter erhältlich, allerdings wird nicht jedes gut angenommen. Wildvögel lassen sich grob in Körner- und Weichfresser unterteilen, jede Vogelart hat dazu ihre bestimmten Vorlieben. Mit welchem Menü Sie punkten können, hängt daher von Ihren Besuchern ab: Meisen bevorzugen Fettfutter, Meisenknödel und Nüsse, Grünfinken lassen sich mit Ölsaaten, Nüssen und Sonnenblumenkernen verwöhnen. Sperlinge sind ebenso wie Rabenvögel Allesfresser, Amseln lieben in Fett getränkte Haferflocken, Äpfel und Rosinen. Haben Sie einen Buntspecht zu Gast, machen Sie ihm mit am Baum fixiertem Fettfutter und Nüssen eine Freude. Finken nehmen gerne Hanf und Saaten zu sich, Rotkehlchen locken Sie mit am Boden verstreuten Nussstückchen, Fettfutter und einem speziellen Mischfutter für Insektenfresser an. Manche Arten nehmen gerne geringe Mengen von Maisschrot, Sämereien wie Gras- oder Distelsamen, getrocknete Beeren und Hafer- oder Weizenkörner zu sich.

Naturnah Füttern
Es versteht sich von selbst, dass Futter jeder Art nicht verschimmelt oder verdorben sein darf. Auch Brot und Essensreste haben in einem Vogelmagen nichts verloren! Um die Vögel mit lebenswichtiger Flüssigkeit zu versorgen, leistet eine flache Schale mit frischem Wasser gute Dienste. Zur natürlichen Vogelfütterung tragen Sie mit der entsprechenden Gartengestaltung bei: Hecken, Wildblumen und -kräuter, Laubhäufen sowie Beeren tragende Bäume und Sträucher geben den Vögeln die Möglichkeit, sich in milden Wintern überwiegend selbst zu versorgen und nur im Notfall auf das Zusatzfutter zurückgreifen zu müssen.

Zufüttern hilft bei der Jungenaufzucht
Eine Fütterung mit einer insektenreichen Futtermischung bis ins späte Frühjahr unterstützt die Altvögel in der energieaufwändigen Zeit der Brut und Jungenaufzucht. Den Jungvögeln schadet diese „Fremdfütterung” wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge nicht: Die Elterntiere füttern ihre Jungen vorzugsweise mit natürlicher Nahrung und greifen nur im Ausnahmefall auf die „Notration” zurück. Auch eine Ganzjahresfütterung hat keine negativen Auswirkungen auf die heimische Vogelpopulation.

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