Wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Grundstein für die Entwicklung und das ganze Leben eines Hundes
In den ersten Monaten seines Lebens gewöhnt sich ein Welpe an die unterschiedlichsten Umweltreize. Die Erlebnisse in dieser Zeit prägen sich sowohl positiv als auch negativ bei einem Hund ein.
Von der 4. bis ca. 12. Lebenswoche befindet sich der Welpe in der Sozialisierungsphase (auch sensible Phase oder prägeähnliche Phase genannt). Die Zeitspanne sollte aber als Richtwert gesehen und nicht starr verfolgt werden. Je nach Rasse und Größe erfolgt die Entwicklung mal schneller und mal langsamer. Dieses fand die Verhaltenswissenschaftlerin Dr. Dorit Feddersen-Petersen heraus. In dieser Zeit entwickeln sich Verhaltensweisen gegenüber der Umwelt, anderen Menschen aber auch Tieren, die der Hund ein Leben lang beibehält. Somit bilden die Erfahrungen dieser Wochen die Grundlage für die weitere Entwicklung und letztlich für das gesamte Leben des Hundes. In dieser sehr wichtigen Zeit entwickelt sich das Referenzsystem des Hundes. Soll aus dem Welpen ein sozialverträgliches und widerstandsfähiges Tier heranwachsen, ist eine gute Sozialisierung unabdingbar.
Doch nicht nur die Gewöhnung an andere Lebewesen ist in dieser Phase wichtig. Damit sich der Hund später in unserer oft lauten und stressigen Umwelt ohne Probleme zurechtfindet, gehört zu einer guten Sozialisierung auch die Konfrontation mit visuellen und akustischen Reizen. Dazu zählen unter anderem die Geräusche beziehungsweise auch der Anblick von Haushaltsgeräten, Autos, Lichteffekten oder Feuerwerk.
Findet das soziale Lernen in der frühen Phase des Hundelebens nur unzureichend oder sogar überhaupt nicht statt, hat dieses zur Folge, dass die weitere Erziehung problematisch werden kann. Selbst eine spätere intensive Beschäftigung, oder auch der Versuche der Resozialisierung mit dem Hund, kann die Entwicklungsdefizite in diesem Bereich nicht oder nur unzureichend kompensieren. Ein Hund der nicht ausreichend sozialisiert wurde, kann nicht resozialisiert werden. Auch die Bindung zum Menschen ist in dem Falle meistens nicht so eng wie bei Hunden, die in der Sozialisierungsphase entsprechend gefördert wurden. Weitere Folgen können unter anderem die Neigung zum sogenannten Angstbeißen, Schreckhaftigkeit oder extreme Reaktion auf bekannte Umweltreize sein.
Merke: Reize, die in der sensiblen Phase positiv oder zumindest als neutral abgespeichert wurden, werden im weiteren Leben des Hundes neutral gesehen. Reize, die der Welpe in der Sozialisierungsphase nicht kennengelernt hat, müssen komplett neu bewertet werden. Diese neuen Reize können dann, wenn Sie negativ wahrgenommen werden Stress auslösen und somit eine entsprechend negative Reaktion auslösen.
Die Aufgaben des Züchters in der Sozialisierungsphase
Welpen sollten bis circa zur 8. Lebenswoche nicht von ihrer Mutter getrennt werden. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Welpen nicht vor der 8. Lebenswoche von der Mutter getrennt werden dürfen. Somit fällt ein Teil der sensiblen Phase in die Zeit, die der Hund noch beim Züchter lebt. Der Kontakt zum Muttertier und den Wurfgeschwistern ist selbstverständlich. Zudem muss er für den positiven Kontakt zu Menschen aller Altersgruppen und auch zu Artgenossen sowie anderen Tierarten sorgen. Idealerweise steht der zukünftige Hundebesitzer schon fest. In dem Fall ist es sinnvoll, den späteren Hundehalter regelmäßig zu sich einzuladen, um einen Kontakt zwischen dem Welpen und seinem späteren Besitzer zu ermöglichen. Diese Besuche dürfen sich gerne auch wiederholen, bis das Tier endgültig in sein neues zu Hause einzieht. Beim positiven Gewöhnen an Menschen und Tiere ist es wichtig, den Welpen nicht zu überfordern. So ist gewährleistet, dass er ihnen gegenüber später keine Ängste, Abneigungen oder sogar Aggressionen entwickelt. Der Züchter übernimmt die Aufsicht, während ältere Kinder oder Erwachsene den Welpen auf den Arm nehmen, ihn beschäftigen und auch schon im kleinen Ramen erziehen. Dabei hat er darauf zu achten, dass dieses behutsam passiert und das Tier nicht in seinem Ruhebedürfnis gestört wird.
Der Welpe sollte im Haus und nicht etwa in einem Zwinger oder abgeschiedenen Schuppen aufwachsen. So kann er sich schon beim Züchter an natürliche Geräusche und Abläufe gewöhnen, die den Alltag in einem normalen Haushalt bestimmen.
Um eine Prägung auf ein bestimmtes Futter und somit auf mögliche spätere Unverträglichkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, dass Welpe und Mutter mit abwechslungsreicher nährstoffreicher Kost versorgt werden. Zur Erkundung seiner Umwelt macht der Züchter dem Welpen sowohl das Haus als auch den Garten weitestgehend zugänglich, denn auch die Präferenz bezüglich des Ortes, den der Hund aufsucht um seine Geschäfte zu verrichten wird in dieser Lebensphase gesetzt. Unabdingbar ist es auch, dass schon die ersten kleineren Ausflüge mit dem Tier unternommen wurden. Nur so kann der junge Hund entsprechen viele Synapsen bilden, die das Lernverhalten und die Stressresistenz für das weitere Leben beeinflussen. Hunde, die richtig und ausreichend sozialisiert wurden, können mit Stress besser umgehen und sind deutlich besser aufgestellt, wenn es um das Erlernen neuer Dinge geht.
Ein guter Züchter kümmert sich gewissenhaft darum, dass der Welpe weitestgehend all die oben genannten Möglichkeiten bekommt und bietet so die besten Voraussetzungen für den Start in das Hundeleben mit dem neuen Besitzer. Je mehr Aufwand der Züchter mit den kleinen Raubtieren hat, desto mehr Geld wird er auch verlangen. Aber Vorsicht! Der Preis eines Welpen sagt noch lange nichts über den Grad des Aufwandes aus, den der Züchter auf sich genommen hat.
Die Aufgaben des Hundehalters in der Sozialisierungsphase
Mit dem Einzug des Welpen in das neue Zuhause ist nun der Halter in der Verantwortung, die Sozialisierungsphase entsprechend weiter zu begleiten und das Tier umfassend zu fördern. Gut dosierte Übungen zur weiteren Sozialisierung sollten regelmäßig auf dem Plan stehen. Der Hundehalter bietet den Kontakt zu anderen Menschen und Tieren. Wichtig ist auch hier wieder, den Welpen nicht zu überfordern und den Schwierigkeitsgrad sowie die Zeitspanne von Übungen nur langsam zu steigern. Der Besitzer erkundet mit dem Hund durch kleinere Spaziergänge nach und nach die neue Umgebung. Soll der Welpe später im Auto mitfahren oder verbringen die Halter zum Beispiel viel Zeit am Meer, so ist es an der Zeit, diese Dinge immer wieder in kleinen Schritten mit dem Hund durchzuführen. Auch das Setzen von Grenzen gehört nun zu den Aufgaben des Besitzers. Der Besuch einer guten Hundeschule kann dabei sehr hilfreich sein. Zudem bietet sich dadurch einiges an Möglichkeiten, dem Hund entsprechende weitere (An)reize zu geben und sich im Sozialverhalten gegenüber Mensch und Tier weiterzuentwickeln. Somit sollte klar sein, dass auch die Ausbildung des kleinen Fellmonsters bereits am ersten Tag des Einzuges beginnen sollte.
Wer sich also in der Sozialisierungsphase gut um seinen Hund kümmert und auch bei der Wahl des Züchters eine entsprechen verantwortungsvolle Person gewählt hat, wird in seinem tierischen Familienmitglied dann auch den berühmten „Besten Freund” des Menschen finden.
Ich hoffe Ihnen mit diesem Text einen guten Einblick in diese sehr wichtige Lebensphase des Hundes gegeben zu haben und Ihnen somit auch die Wahl des richtigen Züchters zu erleichtern.
In diesem Sinne viel Spaß und viel Erfolg mit Ihrem Welpen!
Ihr Hendrik Groth